Das ORIGINAL – von Marathon nach Athen 2019

Eigentlich bin ich nicht ein Freund grosser Laufveranstaltungen. Doch für den Athen Marathon machte ich da sehr gerne eine Ausnahme. Bereits vor mehr als zwei Jahren habe ich mich mit drei Kollegen, zwei aus USA und einem aus Dänemark, über Facebook dazu ausgetauscht, einmal gemeinsam an einem Marathon teilzunehmen. Mike aus USA habe ich 33 Jahre nicht mehr persönlich gesehen! Wir haben uns relativ schnell darauf geeinigt, uns in Athen zu diesem Anlass zu treffen! Und wir hatten ein ausgezeichnetes Wochenende zusammen.

 

Athen – eine Stadt voller Gegensätze

Als ich am Donnerstag, 7.11. am Nachmittag in Athen angekommen bin, war das Wetter mit 25° C noch sommerlich warm. Mir graute schon davor, den Marathon bei diesen Temperaturen zu laufen.

Athen hat selbstverständlich geschichtlich viel zu bieten. Für mich war es der erste Besuch der Hauptstadt mit mehr als 3 Mio Einwohnern. Athen ist nach meinem Eindruck eine Stadt voller Gegensätze. Negative Seiten sind die von Fahrzeugen verstopfte Strassen, Abgas, schlechter Zustand der Infrastruktur, Bettler, aufdringliche Strassenverkäufer, aggressive Auto- und Motorradfahrer und wir Fussgänger als Störfaktoren. Andererseits die positiven Seiten mit geschichtsträchtigen und eindrücklichen Bauten, freundliche Gastgeber in Hotels und Restaurants, gute und günstige Speisen, schöne Strassenrestaurants, viele Shopping-Möglichkeiten, gemütliche Gastronomie und ein gut funktionierendes U-Bahn Netz.

 

Vorbereitung

Im Winter 2018 wurde bei unserem Freund Steve aus St. Louis ein Krebsleiden festgestellt. Nach gelungener Operation und vorerst guter Heilung inkl. Wiederaufnahme des Lauftrainings kam der Krebs bereits im Winter 2019 zurück. Steve hat den Kampf im Mai 2019 verloren und ist verstorben. Wir haben uns sofort darauf geeinigt, trotz diesem traurigen Ereignis diesen Lauf zu bestreiten. Die drei übrig geblieben haben nun diesen Marathon ihm gewidmet. Ich habe hierzu sogar die Bedruckung von Laufshirts entworfen und erstellen lassen.

 

Mühsame Startnummernausgabe

Die Startnummernausgabe war am Freitag und Samstag den ganzen Tag geöffnet. Dies jedoch nicht in der Stadt selbst, sondern in Piräus, ganz im Süden von Athen in einem grossen EXPO-Areal. Für all jene, die in Zentrumsnähe wohnten, war diese Reise eine recht lange und anstrengende Angelegenheit - entweder mit U-Bahn und Tram oder mit Taxi.

 

Marathon von A-Z TOP organisiert

Der Marathon am Sonntag war nun von A-Z TOP organisiert. Nahezu alle der über 18'000 Läuferinnen und Läufer aus 106 Nationen wurden mit Reisebussen mit Abfahrtszeiten zwischen 05:30 und 06:45 von Athen nach Marathon gefahren. Im Startgelände von Marathon war auch alles super gut organisiert. Ich habe z.B. noch nie so viele ToiToi Toiletten an einem Ort gesehen. Spannend war dann auch das Startprozedere. Bevor der erste Block losgeschossen wurde, haben die Veranstalter in Griechisch und Englisch auf die Sage des Läufers hingewiesen sowie auf die ersten olympischen Spiele der Neuzeit in Athen mit dem Stadion, in welches alle Läufer einlaufen. Sie haben die Läufer um Ruhe gebeten für eine Art «Marathon-Schwur». Die plötzliche Stille der Teilnehmer mit der erhobenen rechten Hand war sehr eindrücklich – Gänsehaut war bei mir garantiert. Auch die Verpflegungsposten entlang der gesamten Strecke waren sehr grosszügig angelegt. Helferinnen und Helfer waren bestens eingewiesen und ausgesprochen freundlich.

 

42.2 km laufen – wie immer nicht ganz ohne!

Das Wetter hatte sich seit Donnerstag zum Glück etwas abgekühlt auf knapp unter 20°C, jedoch bei hoher Luftfeuchtigkeit. Alle, die schon Marathons gelaufen sind, wissen von der gewissen Anspannung am Start. Und dann der Lauf selbst mit laufender Beobachtung des eigenen Körpers: bin ich zu schnell, habe ich gut verpflegt und genug getrunken, werde ich ohne Krampf durchkommen, wie soll ich die nächste Steigung angehen, wann ist endlich die Hälfte, Achtung – kommt noch eine Krise, jetzt noch 10km, noch 6km, noch 3km – endlich das Ziel in Sicht! Und dann die riesige Freude und Erleichterung beim Zieleinlauf! Und ich freute mich über die schwere Medaille.

Der Athen Marathon ist anspruchsvoll. Bei Spitzenläufern scheinbar nicht beliebt, weil eben keine schnellen Zeiten möglich sind. Denn nach den ersten flachen km sind zwischen km 10 und km 31 mehr als 400 Höhenmeter zu bezwingen. Die Stecke führt nahezu ständig leicht bergauf.

 

Ich bin mit meinem Lauf sehr zufrieden. Mit 3:49:28 habe ich zwar meine Zielzeit von 3:45 für Athen nicht ganz erreicht. Ich bin die ersten 10 km genau nach Plan gelaufen, habe dann die nächsten 20 km mit Steigung recht vorsichtig zurückgelegt und hatte bis dahin ein gutes Gefühl. Wohl aufgrund der Steigung bis km 31 wurden meine Oberschenkel sehr müde und ich konnte einfach mein gewünschtes Tempo und ein damit verbundenes, gutes Laufgefühl für die nun folgenden flachen Partien nicht mehr aufnehmen. Und da war ich auf diesem Teil dann mit ca. 5:30 / km einfach ca. 30 Sekunden langsamer als gewünscht. Aber ich hatte keine Krisen zu überwinden – und das ist im Marathon die halbe Miete! Die letzten zwei km in der Stadt und dann der Zieleinlauf selbst in diesem alten Stadion waren einfach herrlich. Klar schmerzen nach dem Ziel die Muskeln und das Treppensteigen ist mühsam – aber die Freude ist gross, es wieder geschafft zu haben. Diese Freude teilte ich mit meinen Freunden und schon kurz nach dem Ziel gönnten wir uns ein kühles Bier und einem gutes Essen.