Boxenstopp am Stockhorn

Beim vorgängigen Studium der Startliste des diesjährigen Stockhornhalbmarathon konzentrierte ich mich dieses Jahr nur auf die mir bekannten Läufer/innen. Keine Spekulationen über eine mögliche, persönliche Rangierung und die anzustrebende Schlusszeit…einfach nur die Rennatmosphäre und die Natur rund ums Stockhorn geniessen!

Während der Bahnfahrt zur Zwischenstation Chrindi und der Wanderung zur Alp Vorderstocken überlege ich, in welcher Reihenfolge mich die Bergläufer bei km 16,5 wohl passieren werden? Kurz nach 11.15 h erscheinen die ersten Athleten mit Martina Strehl im Schlepptau und streben, ohne vom Geschehen links und rechts Kenntnis zu nehmen, dem Bergpreis entgegen. Zu meinem Erstaunen passiert mich wenig später, als erster Bircher-Renner, Bruno. Als ehemaliger Simmentaler kann er offenbar den Heimvorteil ausnützen. Auf jeden Fall hat Bruno sowohl in den Trainings als auch in der Renn- und Boxenstoppstrategie sehr viel richtig gemacht. Dicht auf den Fersen von Bruno folgt Urs, der nach einer langen Verletzungspause wieder zu seiner alten Form zurück gefunden hat. Willkommen zurück im Läuferfeld!

In der Zwischenzeit hat sich das Renntempo doch deutlich verlangsamt. Die ersten Teilnehmer beginnen zu wandern und nehmen auch das Geschehen neben der Laufstrecke zur Kenntnis. Die Anfeuerungsrufe der Zuschauer werden jetzt oft mit einem Merci oder dem Hochhalten des Daumens quittiert und ab und zu huscht ein dankbares Lächeln über das Gesicht der Läufer. Jetzt ist auch ein kleiner Schwatz möglich und viele Läufer aus den hinteren Regionen sind froh für jede Anerkennung vom Strassenrand her, seien es einige aufmunternde Worte, Abklatschen, oder einen Schluck Wasser. Bei einem Läufer muss oder darf ich Krampferscheinungen lösen. So gut wie das Bruno bei mir am Eigertrail gemacht hatte, konnte ich das aber leider nicht! Der unbekannte Läufer winkt trotzdem zurück und kämpft sich weiter den Berg hoch.

Während sich Hanspeter Kundert bereits im letzten Steilhang befindet und einmal mehr einem ungefährdeten Kategoriensieg entgegenläuft, und Hans versucht die Lücke zum Podestgegner Schwarz zu schliessen, legt eine junge, erschöpfte Läuferin neben mir einen Zwischenstopp ein und schielt sehnsüchtig auf meine Colaflasche: „hesch mer ä Schluck?“ „Natürläch nim numä“. Innert Kürze ist die Flasche leer und der eigene Energietank wieder ein wenig aufgefüllt. „Merci, ha drum die letschti Verpflegig usä gla, ha gmeint äs sig nid nötig“. Hoffentlich hat es auch diese Läuferin bis ins Ziel geschafft hat… ja die richtige „Boxenstrategie“ zu wählen ist an einem Rennen wie dem Stockhorn doch enorm wichtig…

Ich gratuliere allen Teilnehmern zu ihrem Rennerfolg. Und den Läufern aus dem hinteren Teil des Feldes zu ihrer grossen Willensleistung. Diese Läufer/innen haben mir den zufriedeneren und aufgestellteren Eindruck hinterlassen, als die ambitionierten und fokussierten Spitzenathleten.

Thomas