Erlebnis eines Begleiters

Samstag morgen früh am 13.9.2014... in Interlaken ist der Blick Richtung Jungfrau nebelverhangen und es ist noch stark bewölkt. Was soll man anziehen für die 42,195 km bis auf die Kleine Scheidegg?? Ärmlinge, oder sogar Handschuhe mitnehmen? Bald ist das kein Thema mehr... die Sonne verdrängt die Wolken immer mehr und es bahnt sich ein wunderbar sonniger Tag mit angenehmen „Läufertemperaturen“ an ! Bereits um sieben Uhr emsiges Treiben in und um „das Zelt“ in Interlaken. Was für ein Gefühl, der langersehnte Tag ist da und die Nervosität steigt. Hat man alles richtig gemacht? Genug und richtig trainiert? Fühlt man sich wirklich gut heute Morgen? Waren da nicht ein wenig Kopfschmerzen ? Fragen gehen durch den Kopf und bei einigen bleiben Zweifel zurück, andere sind überzeugt die Distanz mit den auf der 2. Streckenhälfte vielen Höhenmetern sicher zu bewältigen. Wie auch immer, es kann unterwegs plötzlich alles anders aussehen, als das was man sich vorgenommen hat. Jedes/jeder JM Finisher hat das schon erlebt. Natürlich kann ich allen nachfühlen und es ist als ob ich in die Gedanken lesen könnte von sämtlichen Startenden. Für mich war es in diesem Jahr eine spezielle Nervosität... kurzfristig habe ich mich entschieden meinen Startplatz an Christa weiter zu geben. Gesundheit kommt vor, sagt man und das war, glaub ich auch richtig so. Aber natürlich ist es als Rat viel einfacher als selber diesen Entscheid zu fällen. Nun wir werden sehen.... Der Treffpunkt für unseren Lauftreff war wie jedes Jahr beim Weiher vis à vis Kursaal. Der Fototermin war angesagt und fast alle sind erschienen. Die letzten Gegenseitigen Ratschläge und Motivationen wurden gegeben, die Muskeln eingeschmiert, Flüssigkeit getankt, Schuhe nochmals geschnürt, eben was so alles für den bevorstehenden Start üblich ist. Selber genoss ich die Atmosphäre, wusste aber nicht so recht soll ich mich auf das Zuschauen/Begleiten freuen, oder ärgern dass ich es nicht doch versucht habe. Schliesslich war das das erste Mal nach vielen Jahren, dass ich auf diesen wunderbaren Marathon verzichtete. Mein nicht gerade runder Laufstiel (auch andere haben das bemerkt.....) bewog mich zum Geniessen an der Laufstrecke! Also letzte Handshakes und für alle Startenden galt es nun sich in ihre Sektoren zu begeben. Unterwegs zum Ostbahnhof nach einem riesigen Knall ausgelöst durch Marco Büchel, konnte ich endlich einmal sehen wie schnell man Laufen sollte, um mit der Spitze mitzuhalten.... natürlich unmöglich für mich, aber eindrücklich! Die folgenden Athleten hinter der Spitzengruppe waren unmerklich langsamer und erst gegen Ende des Starter Feldes sah man eher etwas gemütlichere Teilnehmer! Man denke alle sind gut trainiert und motiviert. Auch Käthi, Seraina und ich gaben unser bestes und kämpften... und zwar um einen Platz im Zug, was uns nicht gelang... nur Stehplatz. Aber die andern müssen Rennen und wir können „gemütlich“ stehen und werden befördert. In Zweilütschienen habe ich genug vom stehen und steige aus... entledige mich von langen Hosen und Jacke und bewundere die Spitzenläufer (vorwiegend schwarz) die gerade vorbeilaufen. Dieses Tempo... eindrücklich! Ein bisschen langsamer laufe ich nun auch auf der Strecke, natürlich darauf achtend keine Läufer im geringsten zu behindern. Bereits beim Verpflegungsposten Km 16 nach genau einer Stunde nach dem Start passierte Stefan Graf diese Stelle... unglaublich. Wenig später auch Swen Kisslig und Markus Holenweg. Es folgten etwas später Stefan Pritz, Martin Beutler, Thomas Haldimann, Thomas Wüthrich, Gerhard Mühlemann, das in die Länge gezogene Läuferfeld, dann Bruno Ruchti Cécile von Känel, Conny Ritter, Christa Pritz, Marc Kundert. Mein Plan ging auf... ich konnte auf diesem Abschnitt alle anfeuern und selber mit den Läuferinnen und Läufer mitfiebern. Das Wetter wurde immer besser und die ersten staunenden Blicke in Richtung Bergwelt vermehrten sich! Mit Marc absolvierte ich den letzten Km bis zum Bahnhof Lauterbrunnen und kürzte dann ab über die Brücke beim Bahnhof in die Steigung Richtung Wengen. (Das kann man sich als Begleiter leisten). So konnte ich einige wieder „überholen“) und die Steigung mit der 4:30 Std Flagge locker mithalten. Bis Wengen konnte ich jeweils einige Meter mit „Lauftrefflern“ mitlaufen... Gerhard, Doris Krenger, Cécile, Christa Kilchenmann, Patric Peronino, Hanspeter Lüthi, Conny, Andrea, Christa und viele mehr. Nun bin ich entgültig überzeugt den richtigen Entscheid gefasst zu haben.... das Ziel hätte ich wohl erreicht, aber einmal am Streckenrand diese Eindrücke zu erleben, das war wirklich toll! Nach Wengen beim ehemaligen Café Oberland reichte mir Dorothea eine Bouillon und ich durfte mich auch ohne Startnummer verpflegen. Natürlich war nun endgültig die Müdigkeit diverser LäuferInnen auszumachen und alle waren um eine kleine Aufmunterung und Motivation meinerseits froh. Der Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau entschädigte die Strapazen und der Wille das Ziel zu erreichen war stärker. Nun konnte ich auch mal miterleben wie es den „hinteren“ LäuferInnen zu Mute ist und ich bin erstaunt was für ein starker Wille bei allen vorhanden ist. Hut ab! In der Zwischenzeit war auch Marc bei mir eingetroffen und ich wusste sofort, dass es ziemlich knapp werden würde die Zeitlimite bei Wixi zu erreichen. Mit regelmässigen Schritten und zeitweise leichtem Joggen passierten wir Tatsächlich ein paar Sekunden vor der Sperre die Passage. Nochmals alle Kraft bündeln und nun erlebte ich wirklich eins zu eins wie sich diese an der Limite laufenden fühlen. Allen Respekt... gegenseitige Hilfe und zureden... Aufmunterung vom Schlussläufer... immer noch voll aktive HelferInnen an den Verpflegungsposten... Fahnenschwingende Fans an der Strecke (danke Ursula)... wirklich eindrücklich diese Situation. Das alles muss man auch einmal erleben und damit war nun endgültig klar... mein Entscheid nicht zu starten war Vernünftig. Ein Erlebnis der besonderen Art! Leider machten bei Marc die Beine nicht mehr mit (starke Krämpfe) und bei Haregg musste er die Laufstrecke verlassen und die Abkürzung nach der Kleinen Scheidegg nehmen. Die Enttäuschung war natürlich riesig und die Tränen flossen. Dennoch es ist nicht selbstverständlich und auch so mit vielen, vielen Trainingsstunden verbunden um überhaupt so weit zu kommen. Unterwegs auf der Strecke haben leider auch Renate (Lauterbrunnen), Cécile und Sylvia Meyer (Wengen), Thomas Haldemann (oberhalb Wengen) aufgeben müssen. Jedem kann ich nachfühlen wie es ihm zu Mute ist und hoffe nur, dass es nach ein paar Tagen der Enttäuschung wieder neue Motivation für neue Ziele gibt und wir im Lauftreff zusammen diese auch erreichen werden! Allen Lauftrefflern herzliche Gratulation auch denjenigen denen es an diesem Tag nicht nach Wunsch gelaufen ist! Das nächste Mal geht es wieder viel besser und bis dann werden wir zusammen in Trainings und Events viele schöne Stunden erleben! Ein aussergewöhnlicher Tag auch für mich und ich habe ihn so genossen! Dennoch freue ich mich auf den JM 2015, wenn ich nochmals natürlich nur bei voller Gesundheit, diese wunderbare Strecke „aktiv“ Laufen kann! Grossen Dank allen andern Begleiterinnen und Begleiter an der Strecke für ihre Unterstützung! Ohne diese geht es nicht! HÄRZLICHE DANK. Allen eine gute Erholung und wir freuen uns auf das nächste gemeinsame Training. Hanspeter Kundert