Erlebnis oder Alptraum

Mit dem Briefing am Freitagabend beginnt unwiderruflich das Erlebnis oder soll ich sagen Abenteuer 101km Eiger Ultra Trail. Mit den zufällig angetroffenen Kollegen noch ein Bierchen genehmigen und dann ab in den Kofferraum, ein paar wenige Stunden schlafen. Samstagmorgen 02.00Uhr schrecken mich gleich zwei Wecker aus dem Schlaf. Das grosszügige Morgenbuffet geniessen und dann die letzten Vorbereitungen treffen.

Endlich anstehen im Startbereich, zur Überraschung sehe ich Beat, Hanspeter und Thomas an der Strasse stehen und Christa beobachtet das Ganze aus sicherer Entfernung auf dem Balkon des Hotels.

3, 2, 1, Start, alles Gute zu diesem Abenteuer. Alle guten Vorsätze werden über Bord geworfen, Grind ab u seckle. Zum Glück kommt der erste Engpass nach 2,5km und ich kann mich wieder ein bisschen sammeln. Einer hinter dem Anderen geht es hoch Richtung Grosse Scheidegg, gegen vorne und hinten eine lange Schlange von Lichtern. Auf der Grossen Scheidegg Blick nach rechts ins Roselaui, wunderschön wie die Sonne langsam hinter den Bergen hervor guckt.

 

Frisch gestärkt geht es Richtung First und Bort. Irgendwie läuft es einfach, für mein Gefühl viel zu schnell. Beim Schreckfeld kurzes Austreten zum retablieren und weiter steil runter nach Bort. Stärkung einnehmen und dann hoch auf die First. Bei super Laufwetter geht es weiter über Bussalp, Faulhorn nach der Schynigen Platte. Zu meiner Überraschung traf ich unterwegs zuerst auf Beat und später auch auf Tho-mas. Das erste Teilstück vor dem ich Respekt hatte, runter nach Burglauenen. An-statt wie in den früheren Jahren Gas wegzunehmen geht es runter, man könnte meinen ich hätte etwas gestohlen. Das Resultat für das „Gjufel“ eine Stunde schneller als letztes Jahr für die erste Hälfte des Rennens. Vielleicht habe ich auch das Bier gerochen das mir Beatrice und Nicola mit nach Burglauenen mitgebracht haben. Dieses Jahr musste ich nicht lange überlegen ob weiter oder Grindelwald.

Nach einer kurzen Pause, zu kurz?, das grosse unbekannte Teilstück in Angriff nehmen. Zum Teil steil bergauf, hoch auf die „Späte Alp“ und logischerweise auch wie-der runter nach Wengen, es wäre ja zu einfach gewesen. Das „Pièce de résistant“ in Angriff nehmen, wenn mir das Wetter bis jetzt gut gesinnt war, ausgerechnet bei diesem Teilstück wollte sich keine Wolke vor die Sonne drücken und es wurde richtig schweisstreibend. Endlich auf dem Männlichen angekommen eine längere Pause mit Oberschenkelmassage einlegen. Musste mich zwingen mit einem klebrigen Salzgel meinen Salzhaushalt wieder ein bisschen ins Lot zu ringen.

Weiter traben auf dem Wanderweg Richtung Rotstöcki, im Gegensatz zum Jungfrau Marathon gibt es heute keine Zeit zum Einkehren. Hoch Richtung Lauberhorn und vorbei am Russisprung nach unten auf die Wengernalp. Da ich nicht sicher war, ob meine Knochen und Muskeln das Ganze aushalten würden habe ich auf den Sprung über den Hundschopf verzichtet und habe die Variante Wanderweg bevorzugt. Nächster Treffpunkt, Kleine Scheidegg, weiter rechts rüber und über die Moräne auf den Eigergletscher. Sehnsüchtig schaue ich bei der JM-Abzweigung nach links. Während es über den Eigertrail steil nach unten nach Alpbiglen geht überlege ich mir immer wieder was denn so toll ist an diesem Eigertrail.

Auf Alpbigeln ein Becher Bouillon zu viel eingenommen, denn kaum hatte ich den Rucksack angeschnallt wurde das Rennen neutralisiert. Das hiess für mich über 2 Stunden in einem kleinen Rinderstall warten bis das Rennen wieder freigegeben wurde. Endlich ging es weiter über Marmorbruch direkt ins Ziel, die 4 Kilometer Pfingstegg hoch und runter wurden uns erspart. Endlich das Ziel in Reichweite, hoch über die extra angelegte Holzrampe ins Ziel. Ich hatte erreicht was ich nicht für möglich gehalten habe. Es waren zwar nur 97Kilometer aber das hat der Freude keinen Abbruch getan.

Der einzige Wermutstropfen bemerkte ich und sicher auch viele andere Läufer am Sonntag. Schade, dass der Veranstalter und Datasport nicht in der Lage sind die Neutralisationszeit zu berücksichtigen. Für mich heisst das konkret: Für die letzten neun Kilometer Alpbiglen – Marmorbruch – Ziel habe ich nun fast 4 Stunden anstelle der knapp 2 Stunden benötigt und die angestrebte Schlusszeit von unter 20 Stunden habe ich dadurch natürlich auch nicht erreicht. Bis Alpbigeln war ich überzeugt, kurz vor Mitternacht das Ziel erreichen zu können.

 

Es wird mich sicher noch eine kurze Zeit ärgern aber die Freude über das erreichte Ziel ist natürlich riesig. Fazit dieses Samstags: Es war ein super Erlebnis, die Blase unter dem Fuss ist schnell verheilt und die diversen Zehennägel sind sicher auch bald abgefallen.

Ob dieser Tag nachahmenswert ist oder nicht muss aber jeder selber für sich entscheiden.